Zweijährige im Wald

Allgemeines

Seit dem Sommer 2008 stellt sich der Waldkindergarten der Herausforderung Zweijährige aufzunehmen.

Herausforderung insofern, dass es sich bei Zweijährigen nicht um kleine Dreijährige handelt.

Zweijährige gehören zu den Kleinkindern und befinden sich in einem ganz anderen Entwicklungsprozess als Dreijährige.

Gerade in diesem Alter befinden sich Kinder in einer sensiblen Phase, in der wesentliche Grundlagen für die weitere Entwicklung gelegt werden.

Die Voraussetzungen für eine gesunde und ganzheitliche Entwicklung sind im Wald optimal gegeben, da es unglaublich viele natürliche Reize und somit auch unzählige Gelegenheiten gibt, sich und seine Umwelt zu begreifen.

Das Schöne daran ist, dass dies im Wald mit einer Selbstverständlichkeit und über alle Sinne geschieht. Täglich nimmt das Kind seinen eigenen Körper wahr und kann sehr schnell zwischen warm und kalt, nass und trocken usw. unterscheiden und lernt angemessen darauf zu reagieren.

Lustvoll kann es matschen, lernt dabei schon im kleinen Rahmen physikalische Gesetze kennen, es begreift zum Beispiel, dass ein voller Eimer schwerer ist als ein leerer u. dgl.

Dazu könnte man unzählige Beispiele anführen: Eis auf den Pfützen, gefrorene Erde, die sich schlecht schaufeln lässt, nasse Erde ist schwer und klebt an den Händen und der Kleidung …

Gerade während des 2. und 3. Lebensjahres, erfährt das Kind eine gewisse Autonomie. Es erkennt, dass es nicht mehr in allen Lebensbereichen total abhängig ist und überträgt es auf alle Lebensbereiche.

Im Waldkindergarten ist es wertvoll, dass das Kind in seinem Erkundungs- und Forschungsdrang selbst an seine eigenen Grenzen stößt, ohne, dass die Erwachsenen Grenzen setzen müssen.

Natürlich ist es die Aufgabe der ErzieherInnen, Risiken einzuschätzen und das Kind gegebenenfalls zu schützen, wenn es sich durch seine Selbstüberschätzung möglicherweise in Gefahr bringen könnte.

Auch ist dieses Alter eine sensible Phase für die Sprachentwicklung. Gerade der Wald kann dabei für die Zweijährigen sehr hilfreich sein, denn neue Reize werfen neue Fragen auf. Die Neugier des Kindes wird lebendig gehalten.

Auf den Wegen sprechen und singen die Kinder und ErzieherInnen sehr viel miteinander, sodass das Sprachzentrum während der ganzen Kindergartenzeit aktiv ist. Die Bewegung im Wald kommt der Sprachförderung zugute. Im Gehirn liegen die Zentren für Sprache und Bewegung nebeneinander. Wenn das Kind sich bewegt, wird automatisch das Sprachzentrum stimuliert. Die Bereiche sind so eng miteinander verknüpft, dass die Erweiterung des Bewegungsrepertoires zum Beispiel durch klettern, rennen, balancieren, unebene Böden meistern unmittelbar die Sprachfähigkeit unterstützt und erweitert.

Der Erwerb von Autonomie in diesem Alter bringt auch eine große Ichbezogenheit mit sich. Da ist es wichtig, dass die ErzieherInnen das Kind liebevoll und kompetent bei dem Eintritt in die soziale Kinderwelt begleiten, sodass es Spielpartner, bzw. Freunde, finden kann.

Pädagogische Aufgabe ist es, das Kind zu unterstützen, angemessen Kontakt aufzunehmen, Grenzen zu akzeptieren, mit Frustration umzugehen, Konflikte zu bewältigen, Mitgefühl zu entwickeln und eigene Bedürfnisse zurückzustellen.

 

Unsere Nestgruppe

Um den Kleinsten einen guten Start als Waldkind zu ermöglichen, hat sich im Jahr 2012 das Nestgruppenmodell sehr gut bewährt.

Die 8 jüngsten Kinder werden hier von zwei ErzieherInnen, jeweils aus den Stammgruppen der Kinder, betreut. Damit der Bezug zu diesen Stammgruppen entsteht, wird einmal pro Woche ein gemeinsamer Morgenkreis gemacht. Dies ist u.a. wichtig, damit im Krankheitsfall einer Nestgruppenerzieherin, die Zweijährigen auch die ErzieherInnen ihrer Stammgruppe kennen lernen und einen Bezug zu ihnen aufbauen können.
Das Nest

Unser Nest ist der grüne Bauwagen. Dieser wurde im Jahr 2012 im Innenbereich komplett umgebaut.

Der Bauwagen bietet Platz für den Morgenkreis, zum Spielen auf dem Bauteppich oder sonstige Angebote.

Für kreative Angebote werden die an den Wänden befestigten Klapptische benutzt.

Eine zweite Ebene, die als Kuschel- und Schlafmöglichkeit, aber auch zum Spielen und Toben einlädt, wurde ebenfalls eingebaut. Unter dieser Empore ist eine Höhle, die als Rückzugsmöglichkeit dient und die von den Kindern sehr gerne zum Spielen angenommen wird.

Der Bauwagen ist mit einer Gasheizung ausgestattet und hält uns im Winter warm.

An der Außenwand des Bauwagens befinden sich die Porträtfotos der Kinder, unter denen die Haken für ihre Rucksäcke befestigt sind. Dadurch fällt es den Kindern leicht, ihren Bauwagen und ihren Haken für den Rucksack zu finden.

Unterwegs dient der geländetaugliche Chariot als Nest und Rückzugsmöglichkeit für die Kinder. Dieser wird mit Fellen, und im Winter auch mit Decken und Schlafsack, ausgestattet. Müde Kinder können sich dann darin zurückziehen, ausruhen oder auch schlafen.

 

Eingewöhnung

Die Eingewöhnung sollte sanft und behutsam geschehen. Darum ist es uns wichtig, dass sich die Eltern Zeit nehmen, damit ihre Kinder positiv in diesen neuen Lebensabschnitt starten können. Eine gute und vertrauensvolle Eingewöhnung ist der Grundstein für eine schöne Kindergartenzeit.

Am Anfang dieser Eingewöhnungszeit stehen die Schnuppertage, die im letzten Monat vor den Sommerferien stattfinden. Die Kinder kommen einmal wöchentlich mit ihren Eltern auf unseren Platz. Hier haben sie gemeinsam mit ihren Eltern die Möglichkeit, die ErzieherInnen und einen kleinen Ausschnitt des Tagesablaufes kennenzulernen.

Nach Möglichkeit bitten wir die Eltern, sich im Umgang mit ihren Kindern zurück zu nehmen, um den ErzieherInnen die Chance zu geben, Kontakt zu den Kindern aufzunehmen. Je nach Gefühlslage der Kinder können sich die Eltern ab dem 2. Treffen eventuell auch vom Platz entfernen. Dies sollte aber nie heimlich geschehen, sondern immer mit einer Verabschiedung, da die Kinder sonst das Vertrauen in ihre Eltern verlieren.

Nach den Sommerferien kommen die Kinder dann jeden Tag in den Kindergarten. Sollte der Bedarf bestehen, bleiben Eltern meist noch während des Morgenkreises am Platz und verabschieden sich im Anschluss. Wir legen immer Wert darauf, dass individuell auf das Kind und seine Bedürfnisse geschaut wird. Somit gibt es Kinder, die sich ganz schnell verabschieden können, andere jedoch brauchen etwas Zeit oder ein bestimmtes Ritual, wiezum Beispiel mit dem Wagen zum Tor gefahren zu werden, oder die Eltern am Tor „raus zu schmeißen“. Auch ein Kuscheltier kann in dieser Zeit sehr hilfreich sein und Sicherheit bieten.

 

Tagesablauf

Die Kinder werden in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 8.45 Uhr in den Kindergarten gebracht. Dort können sie bis zum Morgenkreis frei spielen.

Die Nestgruppe hat ihren eigenen Kreis, indem sie sich trifft, um den Morgen zu beginnen. Dies geschieht immer nach dem gleichen Muster. Es gibt einen Morgenspruch, danach wird geschaut, welche Kinder anwesend sind und auch besprochen, wer fehlt. Dies zeigt, dass alle Kinder wichtig sind, auch die, die nicht da sind. Danach folgen Fingerspiele, Lieder, Kreisspiele oder Bilderbuchbetrachtungen. Die Länge des Morgenkreises hängt von der Aufmerksamkeit der Kinder ab.

Im Anschluss an den Morgenkreis wird gefrühstückt. Die Nestkinder frühstücken in der ersten Zeit an ihrem Frühstückstisch. Dies ist einfacher für die Kleinen, da auf dem Boden die Dosen umgestoßen und somit Dreck hineingelangen könnte. Die Kinder holen gemeinsam mit den ErzieherInnen ihre Rucksäcke und versuchen sie selbstständig zu öffnen und auszupacken. Auch beim Frühstück gibt es einen ritualisierten Spruch, nachdem mit dem Essen begonnen wird. Nach dem Essen werden die Rucksäcke eingepackt und wieder an den Haken gebracht.

Danach folgt eine kurze Freispielphase, in der die Kinder gewickelt werden, bevor wir uns auf den Weg machen. Anfangs halten wir uns noch viel am Platz auf, da dieser genug Möglichkeiten und Anreize bietet, den Kindergartentag zu gestalten. Später sind es kürzere Spaziergänge, wobei immer der Weg das Ziel ist. Für die Kinder gibt es viel zu entdecken und die Kleinen brauchen Zeit, ihre Umwelt zu erforschen und zu entdecken.

Wir haben immer eine Picknickdecke dabei, damit wir unterwegs eine Pause einlegen und ein zweites Frühstück genießen können. Gerne nehmen wir auch eine Hängematte mit, in der sich die Kinder eine Auszeit nehmen können.

Anschließend geht es wieder gemütlich zurück zum Platz, die Rucksäcke werden wieder an die Haken gehängt und wir treffen uns in unserem Abschlusskreis, um uns mit einem Spiel und einem Lied zu verabschieden.

Bis 13 Uhr werden die Kinder von ihren Eltern abgeholt.

Einmal pro Woche haben wir einen festen Platztag. An diesem finden kreative Angebote statt oder wir arbeiten an unseren Wissenschaftlermappen, die das Kindergartenjahr mit Bild und Schrift dokumentieren.

Bei starkem Regen und Kälte verbringen wir die meiste Zeit des Vormittags in unserem beheizbaren Bauwagen und machen nur einen kleinen Spaziergang.